11 Dezember 2018

Das Glück des Gehens 3


Ich wünschte, ich wäre ein Baum! Stark verwurzelt in der Erde, streckt er sich dem Himmel entgegen. Doch ich bin kein Baum, deshalb kann ich nicht bleiben.

Fußreisen, einfaches Gehen, Schritt für Schritt, bietet viele Vorteile für Geist und Körper. Ein alter Terminus hat in der modernen Reiseliteratur wieder Fuß gefasst: Solvitur ambulando: Es löst sich durch Gehen, schlug der Heilige Augustinus für ein Gedankenexperiments des Zenon von Elea vor. Platon und seine Schule lehrten einen objektiven Zeitbegriff, Für sie war die Zeit die Bewegung von Himmelskörpern, die Vollendung eines Tages, die Bewegung von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Der Vorsokratiker Zenon beschäftigte sich insbesondere mit dem Verhältnis von Raum, Zeit und Bewegung. Mit seinem Konzept der unendlichen Teilbarkeit von Raum und Zeit wollte er beweisen, dass wir nie an ein Ziel ankommen. Sein bekanntestes Paradoxon, der Trugschluss von Achilles und der Schildkröte, behauptet, dass ein schneller Läufer einen langsamen Läufer nicht überholen kann, sofern er jenem einen Vorsprung gewährt. Diogenes von Sinope, Skeptiker und der Bedürfnislosigkeit des Kynismus verschrieben, war vielleicht der Erste, der Zenons Behauptung, Bewegung sei nicht real, widersprach, indem er aufstand und herumging und so einen Zusammenhang zwischen Bewegung und Zeit demonstrierte. Von einem Ziel ist nirgendwo die Rede.

In seinem Essay What the Tortoise Said to Achilles testet Lewis Caroll, dem wir die herrlich absurde Erzählung von Alice und den Wunderland verdanken, Zenons Paradoxon über die Bewegung. Wie gut ist es doch, dass Alice ein Kinderbuch geblieben ist, und seine Message nicht irgendeinem erwachsen gewordenen Zensor aufgefallen ist. Ob Alice es tut, weiß ich nicht. Achilles jedenfalls verwendet das solvitur ambulando gegenüber der Schildkröte. Er will beweisen, dass er sie trotz des Vorsprungs erfolgreich überholen kann:


Achill hatte die Schildkröte überholt und es sich auf ihrem Rücken bequem gemacht. „Du bist also am Ende unseres Wettlaufs angelangt?“, sagte die Schildkröte. „Obwohl er wirklich aus einer unendlichen Reihe von Teilstrecken besteht? Ich dachte, irgend so ein Neunmalklug habe bewiesen, dass das nicht vollbracht werden kann?“ „Es kann vollbracht werden.“ sagte Achill. „Es ist vollbracht worden! Solvitur ambulando. Weißt du, die Teilstrecken wurden immer kleiner: und so – “

Aber bevor Achilles die Schildkröte überholen kann, muss er zuerst ihren Vorsprung einholen. In der Zeit, die er dafür benötigt, hat die Schildkröte aber einen neuen, wenn auch kleineren Vorsprung gewonnen, den Achilles ebenfalls erst einholen muss – und so weiter. Der Vorsprung, den die Schildkröte hat, werde zwar immer kleiner, bleibe aber dennoch immer ein Vorsprung, sodass sich der schnellere Läufer der Schildkröte zwar immer weiter nähert, sie aber niemals einholen und somit auch nicht überholen könne. Dass Zenon hier irrt, liegt auf der Hand, denn ein Schnellerer wird einen Langsameren immer überholen. Und ein Klügerer ohnehin, wie der Igel dem Hasen bewies. Der Schlüssel des Rätsels liegt in der zur Verfügung stehenden Zeit, benutzt er nicht gleich die Methode es Igels, die fast ohne Zeit auskommt.
Für Augustinus, den Urheber des vielzitierten solvitur ambulando, ist Zeit real und keine rein subjektiv empfundene Ich-Zeit. Wenn sich ein Körper bewegt, argumentiert er, können wir messen, wie lange er sich bewegt, und zwar vom Anfang bis zum Ende seiner Bewegung. Ein Körper bewegt sich nur in der Zeit, er stellt diese selbst nicht dar. Und auch wenn ein Körper sich nicht bewegt, sind wir doch in der Lage seinen Stillstand zu messen und etwas über die Dauer seines Stillstandes auszusagen. Aus diesem Grund kann Bewegung nicht gleich Zeit sein. Daher auch sein Rat: Im Gehen findet sich die Lösung! Was ja schon Diogenes demonstrierte. Kassiopeia, eine andere Schildkröte, kommt schneller voran, je langsamer sie geht. Hintergründig stellt Michael Ende in seinem Roman Momo Zenons Paradoxon auf den Kopf und hinterfragt gleichzeitig die nur spontan überzeugende Lösung des Augustinus.
Henry David Thoreau, dessen 1854 publizierter Text Walden – oder Leben in den Wäldern unvergessen ist, zitiert Augustinus Bonmot in seinem Essay Walking (1851-1860). Auch in Walden, dem Klassiker aller alternativen, sozialpolitischen Bewegungen, finden sich solche Überzeugungen: Das eine wenigstens lernte ich bei meinem Experiment: Wenn jemand vertrauensvoll in der Richtung seiner Träume vorwärts schreitet und danach strebt, das Leben, das er sich einbildete, zu leben, so wird er Erfolge haben, von denen er sich in gewöhnlichen Stunden nichts träumen ließ. Er wird mancherlei hinter sich lassen, wird eine unsichtbare Grenze überschreiten. Neue, allgemeine und freiere Gesetze werden sich um ihn und in ihm bilden oder die alten werden ausgedehnt und zu seinen Gunsten in freierem Sinne ausgelegt werden.“
Nicht weniger berühmt und verbreitet ist Bruce Chatwins Klassiker The Songlines von 1986. Der Autor glaubte leidenschaftlich daran, dass Fußreisen ein überlegenes Heilmittel für jede geistige Mühsal sind. Bruce Chatwin, so überliefert sein Biograph Nicholas Shakespeare, hörte von solvitur ambulando das erste Mal von Patrick Leigh Fermor, einem anderen Guru des Fußreisens. Chatwin soll sich diesen Begriff sofort in sein legendäres Moleskine notiert haben. P. Leigh Fermor reüssierte 1977 mit einem Reisebericht über eine Fußreise von London nach Istanbul in den Jahren 1933-1935, die er in den Jahrzehnten danach in drei Bänden veröffentlichte. Das solvitur ambulando des Augustinus wurde Fermors Leitmotiv, und seine Reiseerzählungen legen Zeugnis ab, was er zu lösen unterwegs war.

Es gibt viele Theorien über das Gehen, und verschiedene Autoren verfolgen dabei unterschiedliche Ziele. Für Jean Jaques Rousseau, so ist überliefert, reinigte das Gehen den Geist und machte ihn frei für neue Gedanken. Das Ziel des Gehens, stimmt ihm Thomas Jefferson zu, ist es, den Geist zu entspannen. Beim Gehen lassen Konzentration und Gedanken nach, die Aufmerksamkeit richtet sich auf die Gegenstände und Erlebnisse am Weg. Auch für Friedrich Nietzsche gehörten Gehen und Denken zusammen, da die Entspannung des Denkens neue Gedanken fördert. Dass dieser geistige Zustand die Inspiration fördert, ist bekannt. Nicht nur Ernest Hemingway behauptete von sich, die besten Einfälle beim Gehen zu bekommen. Und Sören Kiergegaard schreibt an seine Schwester, dass es noch keine Trübsal gegeben hat, die er sich nicht weggegangen ist.
Martin Heidegger ging täglich den gleichen Weg in Todtnauberg im Hochschwarzwald, um sein Denken anzuregen. Diesen Weg kann heute jeder gehen, denn er ist seit 2002 als Martin-Heidegger-Rundweg ausgezeichnet. Sein Sohn Hermann erinnert sich an seinen Vater: Es ist das Hören auf die innere Stimme, die in dieser unberührten Landschaft und in dieser Stille möglich war. Mein Vater sagte einmal zu mir: Es denkt aus mir. Ulrich Grober erläutert in seiner Kulturgeschichte des Wanderns, dass für Heidegger wohnen und wandern komplementär – zwei sich ergänzende Weisen in der Welt zu sein sind. In Heideggers Hebel, der Hausfreund bezieht er selbst dazu Stellung: Denken wir das Zeitwort wohnen weit und wesentlich genug, dann nennt es uns die Weise, nach der die Menschen auf der Erde unter dem Himmel die Wanderung von der Geburt bis in den Tod vollbringen. Diese Wanderung ist vielgestaltig und reich an Wandlungen. Überall bleibt jedoch die Wanderung der Hauptzug des Wohnens als des menschlichen Aufenthaltes zwischen Erde und Himmel, zwischen Geburt und Tod, zwischen Freude und Schmerz, zwischen Werk und Wort, wobei mit Werk das Gehen und mit Wort das Denken gemeint ist. Vielleicht hat Bruce Chatwin Heidegger gelesen. Sein Herzenswunsch war es nämlich, eine Theorie der nomadischen Alternative zu entwickeln, mit der er die Herkunft der menschlichen Wanderlust erklären wollte. Den Fokus seiner Untersuchung legte Chatwin auf die Frage, ob das Wandern, der Drang zu reisen, genetisch oder kulturabhängig sei. In Der Traum des Ruhelosen gibt er eine vorläufige Antwort, denn sein Nomaden-Buch blieb unvollendet: Die Hypothese war ungefähr wie folgt: In dem er zum Menschen wurde, hatte der Mensch, zugleich mit den geraden Beinen und dem ausschreitenden Gang, einen Wandertrieb erworben, den Instinkt, lange Entfernungen während der verschiedenen Jahreszeiten zurückzulegen; dieser (Trieb) war untrennbar mit seinem zentralen Nervensystem verbunden; und wenn er in Zeiten der Sesshaftigkeit denaturiert wurde, suchte er sich ein Ventil in Gewalttätigkeit, Gier, in der Suche nach einem bestimmten Status oder in einer Sucht nach allem, was neu war. Er präzisierte seine Auffassung in einem Brief an seinen Verleger Tom Maschler mit einer persönlichen Stellungnahme: Das Wandern mag meine natürliche Neugier und meinen Forscherdrang teilweise befriedigen, doch dann werde ich von Heimweh nach Hause zurückgetrieben. Ich habe den Drang zu wandern und den Drang zurückzukehren – ein Heimkehrvermögen wie ein Zugvogel. Wahre Nomaden haben kein eigentliches Zuhause; sie kompensieren diesen Umstand, indem sie den ewig gleichen Wanderwegen folgen. So muss es Heidegger empfunden haben, wenn er auf seinem Wanderweg im Schwarzwald nomadisierte und das Gehen für die Intensivierung seines Denkens nutzte. Mit Joseph Beuys Performancekunst will ich in diesem Zusammenhang erst gar nicht beginnen.

Die Beziehung zwischen Gehen und Denken beschäftigt auch die naturwissenschaftliche Forschung: Gehen erhöht die kognitive Leistung. Das Gehirn ist gezwungen, die neue Umgebung zu verarbeiten und bildet dabei neue neuronale Netzwerke aus: die Gedächtniskarten, über die Robert Mcfarlane in seinem Buch Karte der Wildnis spricht. Kreativität wird gefördert, neue Impulse entstehen. Psychiater empfehlen seit langem das Gehen in der Natur bei leichten und mittelschweren Depressionen. Psychotherapeuten gehen mit ihren Patienten spazieren, da das Gehen die psychische Dynamik lockert. Wer in der Umgebung von Parks oder am Waldrand lebt, ist weniger anfällig für Angststörungen und Depressionen. Spaziergänge ersetzen ein Wohnen im Grünen unter Bäumen. 1982 regte die staatliche japanische Forstbehörde Ausflüge in den Wald als Bestandteil eines guten Lebensstils an. Shinrinyoku, Baden in der Waldluft, wirkt wie eine Aromatherapie. Das Einatmen der ätherischen Öle, die die Bäume in die Luft abgeben, fördert die Gesundheit, reduziert Stress und Wut, Angststörungen und Depressionen, und steigert die Vitalität. Seit 2012 existieren an japanischen Universitäten eigene Forschungszweige. Das Waldbaden, geführte Spaziergänge im Wald, wird besonders Großstädtern empfohlen, damit sich ihre gestörte Balance von Körper und Psyche wieder herstellt. Auch Innenarchitekten und Stadtplaner nutzen diese Überlegungen in ihren Konzepten schon seit langem. Grünflächen und Baumbestand in den Städten senken langfristig die Gesundheitskosten einer Gesellschaft.


Am 11. Januar 1862 schrieb H.D. Thoreau in sein Tagebuch: Manchmal leben wir zu hastig – ja, sinnlos und grob – wenn wir uns etwa dabei ertappen, wie wir unsere Mahlzeit herunterschlingen. In einem gewissen Sinn können wir gar nicht langsam genug leben. Ich möchte nicht so leben, als hätte ich wenig Zeit. Halten wir Schritt mit den Jahreszeiten. Haben wir Muße, auf jede Erscheinung der Natur zu achten und jedem Gedanken, der uns kommt, nachzugehen. Das Leben soll ein gemächliches Voranschreiten sein durch das Königreich der Natur, selbst ihrer hintersten Winkel
Zenons Paradoxon lässt sich nicht durch Gehen lösen, wohl aber eine Reihe anderer Widersprüche und Probleme. Unsere Kultur hat sich im 21. Jahrhundert immer weiter von der ursprünglichen Fortbewegung des Homo sapiens, zu Fuß zu gehen, entfremdet. Ein Homo viator, ein wandernder Mensch, sind wir schon lange nicht mehr. Die Nachteile der Fortbewegung mit mechanischen Geräten wird mittlerweile nicht nur in der Medizin diskutiert. Bewegungsmangel führt zu muskulären und Gelenkbeschwerden, zu Kreislaufschwäche, Übergewicht und Erschöpfung sowie zum viel bemühten Burnout-Syndrom. Auf psychische Störungen folgt der Verlust von Kreativität und Wertorientierung. Es geht mehr denn je um eine entschleunigte Lebensweise, um einen nachhaltigen Umgang mit uns und der Natur, um der Menschheit eine Zukunft zu ermöglichen. Bewusst zu gehen, sich langsam und achtsam zu bewegen, ist eine gute Übung für die Lösung der bevorstehenden Aufgaben und Herausforderungen. So verstanden macht des augusteische solvitur ambulando auf eine neue Weise Sinn.
Gehen öffnet! Einen Weg zu Fuß zu gehen verbindet uns auf eine ganz unmittelbare Weise mit der uns umgebenden Landschaft: mit dem Raum, der Landschaft, mit deren Klima, Flora und Fauna, sowie mit der Zeit des Gehens, die als verstreichende Dauer subjektiv gedehnt und nicht messbar erlebt wird. Sich für eine Weile unmittelbar in den umgebenden Raum einzubinden, und dies auch bewusst zu spüren, verändert die Perspektive des Erlebten, Wissen über sich selbst und seine Umgebung zu sammeln, Erinnerungen aus den abgelagerten Sedimenten der Psyche herauszulösen. Fußreisen sind mit nichts zu vergleichen!
Der eigene Schatten ist mein verlässlichster Begleiter auf allen Wanderungen geworden. Selbst wenn die Sonne nicht scheint, ist er anwesend, wenn ich ihn auch nicht sehe. Doch bereits der nächste Sonnenstrahl bezeugt seine ständige Anwesenheit. Der Schatten ist das wahre Selbstporträt des Pilgers, über den er nicht so leichtsinnig wie Peter Schlemihl verfügen sollte. Ich sehe, wie mein Schatten vor mir herläuft, mich umkreist und hinter mir zurückbleibt, wenn es Abend wird. Vielleicht ziehe ich ihn dann wie einen Sack hinter mir, mit all den unerwünschten Persönlichkeitsanteilen, die ich im Laufe meines Lebens hineingepackt habe. Ich sollte sie hinter mir zurückzulassen, doch der Sack klebt an mir. Peter Schlemihl, der Wanderer mit den Siebenmeilenstiefeln, hat ihn dem Teufel verkauft. So mutig bin ich nicht.
Warum überhaupt Fußreisen? Ich finde, Itchycoo Park von den Small Faces gibt eine gute Antwort:

Over Bridge of Sighs [Urbanität]
To rest my eyes in shades of green [Landschaft]
Under dreaming spires
To Itchycoo Park, that's where I've been
What did you do there? I got high
What did you feel there? Well, I cried
But why the tears there? Tell you why
It's all too beautiful

Diese Frage stellt sich heute anders, doch die Antwort, die Steve Marriott gibt, ist unübertroffen: It´s all too beautiful! Inzwischen ist die Situation viel komplexer geworden. Viele haben in den späten sechziger Jahren des gerade vergangenen Jahrhunderts daran geglaubt, die Schönheit der Welt und das Geschenk des Lebens zu verbessern und zu bewahren. Nach dem vermeintlichen Sturz unmittelbarer Autoritäten, und der unvollständig geglückten Befreiung der Sexualität von Schuld und Zwang, gelangten sie zu einem verbesserten ökologischen Bewusstsein. Die Beziehungen zwischen Mann und Frau sind allerdings auf viele Weise katastrophal geblieben.
Die Gaia-Hypothese, formuliert von der Mikrobiologin Lynn Margulis und dem Chemiker, Biophysiker und Mediziner James Lovelock, basiert auf einem systemtheoretischen Ansatz ökologischer Verhältnisse. Die beiden Wissenschaftler benannten ihre Theorie nach Gaia, der Erde, der Gottheit in der griechischen Mythologie, aus der alles hervorging. Die Vorstellung von einer weiblichen, fruchtbaren und gebärenden Erde ist nicht nur den alten Griechen vertraut. Erst die monotheistischen Kulturen haben den alten Mann mit weißem Bart zum Herrn der Welt erklärt. Doch der verfolgt andere Interessen als eine Göttin, inspiriert Kulturen mit Feuer und Schwert. Die Gaia-Hypothese betrachtet die Erde als ein Lebewesen. Ihre Biosphäre, die Gesamtheit aller Organismen mit der Fähigkeit zur Selbstorganisation, schafft und erhält die Bedingungen und ermöglicht die Evolution komplexerer Organismen. Diese Organismen bilden ein offenes und entropie-produzierendes System, das sich selbstorganisierend an seine Umgebung anpasst. Die Erdoberfläche ist ein dynamisches System, das sensibel auf menschliche Einflüsse reagiert.
Durch die Ökologiebewegung und das philosophisch-spirituelle Konzept des New Age fand die Gaia-Hypothese viele Anhänger. In diesem Kontext fasst man die Erde gelegentlich als einen beseelten Organismus auf, personifiziert sie nach dem Vorbild der Erdgöttin der Griechen, die auf eine Beeinflussung durch menschliche Aktivitäten positiv oder negativ reagiert. Man spricht metaphorisch bereits vom Virus Mensch, der seinen Wirt, natürlich muss es heißen Wirtin, tötet. Wenn diese Überzeugung auch einem magischen Denken und animistischen Überzeugungen entspringt, besitzt sie doch einen großen pädagogischen und ethischen Wert, solange nicht vergessen wird, dass es sich um eine metaphorische Repräsentation handelt. Die Vorstellung, die Erde, ähnlich wie in der griechischen Antike, als eine Persönlichkeit mit psychischen Fähigkeiten aufzufassen, führt zu einem anderen Verständnis und zu einem anderen Umgang mit unserer natürlichen Umwelt. Was die gegenwärtig vor allem klimatischen Veränderungen unserer Umwelt bewirken, die Erde reagiert anscheinend doch auf den menschlichen Umgang mit ihr. Inzwischen ist unzweifelhaft, dass der seit Jahrzehnten beschworene Klimawandel begonnen hat. Die Begründer der Gaia-Hypothese bieten eine optimistische Ökologie an, deren Fazit James Lovelock etwas unglücklich formuliert: Wenn ich von einem lebendigen Planeten spreche, soll das keinen animistischen Beiklang haben; ich denke nicht an eine empfindungsfähige Erde oder an Steine, die sich nach eigenem Willen und eigener Zielsetzung bewegen. Ich denke mir alles, was die Erde tun mag, etwa die Klimasteuerung, als automatisch, nicht als Willensakt; vor allem denke ich mir nichts davon als außerhalb der strengen Grenzen der Naturwissenschaften ablaufend. Ich achte die Haltung derer, die Trost in der Kirche finden und ihre Gebete sprechen, zugleich aber einräumen, dass die Logik allein keine überzeugenden Gründe für den Glauben an Gott liefert. In gleicher Weise achte ich die Haltung jener, die Trost in der Natur finden und ihre Gebete vielleicht zu Gaia sprechen möchten. Diese Argumentation grenzt an die entzauberte Auffassung der Natur, wie sie im Westen seit der Renaissance üblich geworden ist, und zuerst von den Romantikern bedauert wurde. Obwohl er naturwissenschaftlich und physikalisch argumentiert, schließt er eine metaphysische Perspektive nicht aus. Anstatt sie dogmatisch in sein Modell einzubauen, überlässt er es jedem Einzelnen sein Modell mit Leben und Bedeutung zu füllen. Welchen Unterschied macht es für die Menschen, ob das Ökosystem Erde automatisch oder intentional reagiert? Diese Perspektive führt lediglich zu einer Bewertung, das Resultat wird davon nicht beeinflusst. Ich frage mich allerdings auch, welchen Unterschied es für mein Leben macht, an wen ich glaube oder zu wem ich bete. Entscheidend ist die Haltung zu meiner Umgebung, materiell und personell, in der ich glaube und bete. Seit Gaia in den siebziger Jahren des letzten Jahrtausends die Welt neu erblickte, sind fast fünfzig Jahre vergangen, in denen Überbevölkerung, Klimawandel und exzessiver Ressourcenverbrauch in damals unvorstellbarer Weise vorangeschritten sind. Steve Marriots it´s all too beautiful, das jenseits der eigenen Seufzerbrücke liegt, bedeutet mittlerweile etwas völlig anderes.

Es gibt nur zwei Motive, die mich drängen, auf Fußreisen zu gehen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich letztlich nicht nur aus einem einzigen Grund aufgebrochen bin: um mein Drittes Alter vorzubereiten, neue Erfahrungen mit mir zu machen und diese in mein Leben zu integrieren! Ich habe begonnen, meine Erlebnisse, Gefühle und Gedanken aufzuschreiben, um mir meine Fußreisen und die eigenartigen Umstände, die dazu führen, mir selbst nachvollziehbarer zu machen. Es ist mir wichtig geworden, die Atmosphäre des in unmittelbarer Anschauung Er-Reisten und Er-Fahrenen konkreter fassbar zu machen. Doch der Grat zwischen Reiseerzählung, subjektivem Betroffensein und persönlicher Biographie ist schmal und labyrinthisch verschlungen. Ich will nichts beschreiben, sondern meine Wanderungen schreibend noch einmal gehen. Ich erzähle davon, was für jeden erlebbar ist, der sich in seiner sozialen Rolle und Lebenswelt nicht zuhause fühlt, weil sich Leben nicht mehr richtig anfühlt oder verändert hat. So verstanden, können Fußreisen auch zurück nach Hause führen.

Pilgern ist eine sehr alte, inzwischen wieder moderne spirituelle Praxis, die die Institution Kirche bereits im Mittelalter für ihre Zwecke instrumentalisiert hat. Noch bevor die katholische Konfession, die nur noch Spuren des egalitären Urchristentums bewahrt hat, das Pilgern für ihre Zwecke entdeckte, handelte es sich um eine mystische Erfahrung der Volksfrömmigkeit, eine Bewegung, eine Anti-Struktur, die parallel zur offiziellen Struktur von Konfessionen verlief und deren Merkmale Communitas, Bedürfnis- und Hierarchielosigkeit waren, wie sie Bettelmönche, einst der Orden der Franziskaner und buddhistische Mönche noch immer, praktizieren. Die islamische Pilgerreise nach Mekka, die Haddsch, war nicht immer ein pauschal-touristisches Unternehmen, das die Gläubigen in Millionen in Flugzeugladungen auf der arabischen Halbinsel ablud. In seinem Bericht über eine Pilgerreise zum Berg Kailash in Tibet überlässt sich der deutschstämmige Pilger Lama Anagarika Govinda, auf der Suche nach mystischen Erfahrungen, wie eine weiße Sommerwolke dem größeren Strom des Lebens, der aus der Tiefe seines Wesens aufwallt und ihn über ferne Horizonte zu einem seinen Blick noch verborgenen, aber stets gegenwärtigen Ziel führt. Dieses mystische, der Gegenwart verpflichtete Ziel hat nicht wirklich einen Ort im Leben, zu dem gepilgert werden kann. Ziel-Orte sind nur vordergründig bedeutsam, eher Symbol einer Vision von etwas sehr Persönlichem, das nur im Inneren des Pilgers existiert. Die katholische Doktrin hat diese individuelle Vision zu einem allgemeingültigen Weg in einen jenseitigen Himmel verfälscht und propagiert, bis Luther das mittlerweile ablassorientierte, sinnentleerte Pilgern berechtigt als unnütz verurteilte und schließlich ganz verbot. Doch das Pilgern hatte schon immer eine größere Nähe zur persönlichen Suche nach spirituellen Erfahrungen als zu den Strukturen einer übergeordneten Konfession mit ihren Regeln, Rollenzuschreibungen und Zwängen. Pilgern ist losgelöst von institutionalisierten Führungsansprüchen: ahierarchisch und antistrukturell. Nach langem Umweg über monotheistische Zwänge finden Menschen zu spirituellen Bezauberungen zurück, finden das Göttliche in den Erscheinungen der Natur. Auf dem Weg des leiblichen Spürens, dem Glück und Frieden ebenso wie den Herausforderungen und Entbehrungen des Wegs, vergisst der Geist die Verzweiflung, in die ihn die Vorherrschaft des Materiellen gestürzt hat: die Vorherrschaft der Wissenschaft über den Glauben, die Vorherrschaft des Verstandes über das Gefühl.
Es gibt immer wieder Situationen, in denen man nicht weiß, wie ein Bedürfnis entsteht, woher der drängende Impuls etwas zu tun, plötzlich auftaucht. Der Gedanke zu Fuß zu gehen muss ganz im Geheimen, von mir unbemerkt geblieben, konkrete Gestalt angenommen haben. Bevor mir das Bedürfnis bewusst wurde, war ich emotional schon längst darauf eingestimmt. Es besetzte meine Gedanken und Gefühle wie ein Freibeuter aus dem Inneren meiner Seele. Bevor ich seine Konsequenzen verstand, ich mir den Wunsch eingestehen und den Gedanken zulassen konnte, hatte etwas in mir bereits die Entscheidung getroffen. Fügung? Intuition? Der mysteriöse Ruf, der so gerne bemüht wird, wenn es um Unerklärliches geht? Noch eher die spontan kreative Tat, die handelt, bevor ein Plan festgeschrieben ist! Die Gedanken hinken der Intuition hinterher, wenn es um notwendige Veränderungen geht, um Unaufschiebbares. Am Ende meines Lebens war ich unbemerkt in die Liminalität gefallen, die nun nach einer Antwort verlangte: Wie geht es weiter? Wie finde ich eine stimmige Lebensphase seit ich mein Erwerbsleben hinter mir gelassen habe und mich unerwartet ein weiteres Mal auf dem Weg wiederfinde? Seit ich weiß, dass ich zu Fuß gehen muss, dachte ich an eine Pilgerfahrt, und an die ethnologische Theorie von Ritual und Lebenszyklus, an Aufbruch, Übergang, an eine Communitas mit anderen, die mir verwandt sind, an bevorstehende Wiedereingliederung und Neubeginn. Plötzlich hatten meine unbestimmten Gefühle eine Richtung bekommen mit, der ich einverstanden war. Eine Fußreise erschien mir die richtige Antwort auf meine psychische Befindlichkeit und soziale Situation zu sein.

Jede Pilgerfahrt findet zwischen zwei biographischen Polen statt: eine Zeit des Aufbruchs und eine Zeit der Rückkehr. Dazwischen, in einer Zwischenwelt, ist der Pilger sich selbst und anderen ein Fremder, ein Peregrinus. Dort wo er ist, ist er ein Ausländer, einer, der weit weg von zu Hause ist, einer Welt gegenübersteht, der jegliche Vertrautheit fehlt. Unterwegs werden mir Verlust, Loslassen sowie die Vergänglichkeit des Lebens immer am deutlichsten bewusst. Während ich weiter gehe, verändert sich ständig alles um mich herum. Nichts bleibt, nichts kann ich festhalten, wie es in den Phasen der Sesshaftigkeit zu sein scheint, in denen man hofft, das Erreichte habe Bestand. Dass dies so scheint, verdankt der Mensch seiner Fähigkeit zur Verdrängung, ohne die niemand leben kann. Wir müssen zuerst vergessen, damit wir in der Erinnerung wieder erleben können, was an uns vorbei gegangen ist, was wir immer erst im Nachhinein verstehen. Erinnerung ist eine Bewegung in der Zeit, die uns unser Leben schließlich bewusster macht. Harold Fry hat dies erst verstanden, als er damit begann, die Entfernung nicht mehr in Kilometern, sondern in Erinnerungen zu messen. Der Pilger ist der wahre Homo viator, ein Wanderer, ein Eigenartiger, einer der in einer hypermobilisierten Welt wieder beginnt zu Fuß zu gehen. Er ist alles andere als der einsame Kämpfer, der gegen den Strom schwimmt, kein Aussteiger oder seltsamer, irgendwie übrig gebliebener Kauz, sondern einer, der gemeinschaftlich mit vielen gegen die Trägheit und Gleichgültigkeit der Welt angeht. Er ist einer, der aufrecht durch die Menge geht, die ihn verwundert, oft misstrauisch beäugt. Doch für ihn scheint die Möglichkeit einer Freiheit auf, wie am Morgen die Sonne, die hell über den Horizont klettert. Deshalb bleibt er seinem Zuhause für Wochen oder Monate fern. Er ist einer, der sich Verzicht und freiwilligen Prüfungen unterzieht. Pilgern ist Askese, und findet wie jede Askese in der Liminalität des Zwischenraums statt. Wer heute auf einen Pilgerweg geht, legt nur noch selten ein ostentatives Glaubensbekenntnis ab, wie es für den mittelalterlichen Pilger selbstverständliche Pflicht und Zweck seiner Fußreise war.
Wer heute auf einen Pilgerweg geht, unabhängig von Mode und Ziel, ist auf der Suche nach persönlicher Spiritualität, dem Bedürfnis Zeit für sich selbst zu haben, für eine Weile mit den Rhythmen und Techniken seiner durchstrukturierten Welt zu brechen. Die Hoffnung des modernen Pilgers ist seiner Identität gewidmet, die obsolet geworden ist. Er bricht auf, um sich zu reinigen, das Sterben seiner alten Rolle zu inszenieren und in einen neuen Status hineingeboren zu werden. Wie dem mittelalterlichen Pilger geht es ihm um die Begegnung und Konfrontation mit dem Heiligen, das er aber nicht in den äußeren Manifestationen einer Konfession, sondern in der Natur, in der Begegnung und im eigenen Leib zu finden vermutet. Am Ziel seiner Pilgerfahrt angekommen, wenn seine alte Identität gestorben ist, hofft, er wiedergeboren zu werden. Diese Erfahrung macht nur derjenige, dem es gelingt, die Bequemlichkeit und Sicherheit seines bisherigen Lebens hinter sich zu lassen.
Erst wenn der Pilger alle Gefahren vergessen hat, schreibt Lama Govinda, und sein eigenes Ich ausgelöscht ist, erlebt er dieses Wunder, denn wie in einem Traum ist er eins geworden mit seiner Vision. Er hat die Unerschütterlichkeit eines Menschen gewonnen, der weiß, dass ihm nichts geschehen kann, als was ihm schon seit Ewigkeit zugehört. Diese Erfahrung kann nur der nachvollziehen, der sich selbst auf den Weg macht. Sonst bleiben Govindas Worte leer. Nichts an dieser Erfahrung ist künstlich oder übertriebener Euphorie geschuldet. Es ist so wie der Lama sagt: Ich bin auf allen meinen Fußreisen zwischen den Strukturen meines Alltagslebens gegangen. Wochenlang zu Fuß gehen bedeutet nicht mehr, aber auch nicht weniger, als freiwillig eine Grenzerfahrung zuzulassen.

Beim Gehen durch die Landschaft, sei es in der Natur oder im urbanen Umfeld, reduziert sich die Welt auf das Wesentliche. Das langsame Gehen verbrüdert sich mit der Umgebung, synchronisiert die äußere Geographie mit meiner inneren Landschaft. Die Herausforderungen auf dem Weg treffen mich mitten ins Herz, das bereits für Erfahrungen schlägt, von denen ich zu Beginn einer Fußreise nichts ahne. Meine Wege führen mich mitten ins Offene, auf Entdeckungen und Ereignisse zu, die eher Unwahrscheinliches und nicht Vorhersehbares, als Bekanntes und Vertrautes bereithalten.
Pilgern ist eine zutiefst leibliche Erfahrung, die sich nicht nur der Herausforderung gegenübersieht, kontinuierlich die psychische Befindlichkeit zu regulieren, sondern gleichzeitig Techniken der Leibbemeisterung entwickeln muss. Pilgern ist Yogapraxis im Gehen, in dem Sinne, dass das fließend rhythmische Schritt-für-Schritt zugleich aktiv und meditativ ist. Gehen im Rhythmus des Atmens. Gehen als meditative Praxis produziert Sinn, besonders für denjenigen, der aus seinem alten Leben in eine vorübergehende Statuslosigkeit geraten ist. Gehen ist ein Ritual, eine rauschhafte Phase der Biographie, eine Phase der Initiation im Prozess des Lebenszyklus, die ein Pilger nutzt, um in einer schwierigen Lebenssituation neue Stabilität und Klarheit zu gewinnen. Die Magie des Gehens speist sich nicht aus der Hoffnung, unterwegs zu einem Ziel, sondern in eine neue Existenz zu sein. Das Potenzial des Gehens besteht in der Erkenntnis, dass der Weg den Pilger macht, ihm Herz und Blick öffnet und ihm eine neue Perspektive schafft.
Fußreisen ermöglichen es, einen Blick in eine Welt zu werfen, die sich so archaisch anfühlt, dass man meinen könnte, sie haben in einer modernen, globalisierten Gesellschaft keinen Platz mehr. Trotzdem ist ein Bedürfnis entstanden, diese archaische Technik wieder zu beleben, die Martin Luther vor mehr als fünfhundert Jahren zu Grabe getragen hat
 „Und: Wozu war es gut,“ werde ich gefragt, „mit schmerzenden Füßen durch Wind und Wetter zu laufen?“
„Sonne hat es auch gegeben,“ antworte ich fast trotzig, „und den Frieden der Landschaft, die innere Harmonie und Ausgeglichenheit, die in der Natur entsteht, wenn ich mich ihr wochenlang allein und vertrauensvoll überlasse. Die Gefühle und Gedanken, die mich begleitet haben, bis sie zu einem neuen Jetzt zusammenwachsen. Die Gelassenheit, die sich erst eingestellt, wenn ich lange genug losgelassen habe.“

Was suche ich unterwegs? In Brandenburg, Sachsen, Thüringen und im Baskenland, in Andalusien, der Extremadura, in Kantabrien, Asturien und schließlich im fernen Galicien. In noch mehr Landschaften, von denen ich vorher nicht einmal die Namen kannte, die über weite Strecken monoton und spröde sind, abweisend und leer, die mich aber auch mit Euphorie und Bewunderung gefüllt haben. In denen ich glücklich bin.

War das Haus des Apostels, Prototyp und Urbild des Pilgers seit Jahrhunderten, mein Ziel? Ich glaube es nicht, auch wenn ich ihn aufgesucht und umarmt habe. Eine Legende kann faszinieren und inspirieren, kann ein Modell für den Anfang sein, aber sie kann niemandem Leben einhauchen, in dem das Feuer des Lebens nicht schon längst zu brennen begonnen hat. Blicke ich zurück, erkenne ich, dass die Erinnerungen in der oft erdrückenden Urbanität der Städte ungefragt wieder aufsteigen, zuerst als Bilder, die sich dann zu Gedanken konkretisieren. Gehen befreit die Erinnerung!
Meine Reiseerzählungen sind äußerst subjektiv, meine Fußreisen unwiederholbare Originale. Während des Lesens von Susanne Lasers Kein Hawaii habe ich mich immer wieder gefragt, welchen Weg sie nach Tangermünde gegangen ist, so wenig habe ich von meinen Erfahrungen und meinem Weg in ihrem Buch wiedergefunden. Für einen Leser sind meine Erfahrungen kognitiv nachvollziehbar, aber nicht nachspürbar, und erst recht nicht nachzuerleben. Eine andere Fußreise besitzt ihre eigene Originalität. Nichts ist wiederholbar, dafür verbürgen sich Landschaft und Begegnungen.
Meine Reiseerzählungen sind Modelle für Mögliches. Sie sollen den Blick öffnen, achtsam zu spüren, wie das Gehen und die Landschaft auf Gefühle und Gedanken wirken. Deshalb mache ich mich zum Protagonisten meiner Reiseerzählungen. Jenseits von Reiseführern wird das Reisen zu einer Beschäftigung mit sich selbst; auf fremden Pfaden in noch nicht bekannte Welten. Wer zu oft in einem konventionellen Reiseführer blättert, ihn gar als Ratgeber nutzt, der wiederholt die Reise eines anderen. Er gewinnt Sicherheit, verpasst aber das eigentliche: sein eigenes Erleben auf fremden Pfaden und die Sehnsucht nach Auflösung einengender Grenzen, die sich dabei einstellt.


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